eine Herzerkrankung, die möglicherweise bei Ihnen schon längere Zeit andauert und bereits beim Herzspezialisten (Kardiologen) kontrolliert behandelt wird, führte zu der Empfehlung der operativen Einpflanzung (Implantation) eines automatischen implantierbaren Cardioverters-Defibrillators (ICD). Dieses Gerät kann den plötzlichen Herztod vermeiden und damit Ihr Leben retten. Vielleicht haben Sie bereits eine lebensbedrohliche Entgleisung Ihrer Herzerkrankung durch eine bösartige Herzrhythmusstörung oder einen Herzinfarkt mit Wiederbelebungsmaßnahmen erlebt und glücklich überstanden. Ein ICD kann auch bei fortscheitender Herzschwäche sinnvoll sein, da diese das Risiko erhöht, bösartige Herzrhythmusstörungen oder einen plötzlichen Herztod (PHT) zu erleiden. Selten besitzen angeborene Herzerkrankungen dieses Risiko.
Der ICD ist heute als Therapie der ersten Wahl fester Bestandteil bei der Behandlung von lebensbedrohlichen schnellen Herzrhythmusstörungen und der Verhinderung des plötzlichen Herztodes (PHT). Außerdem hat jeder ICD auch eine Herzschrittmacherfunktion, die Sie vor zu starker Verlangsamung des Herzpulses schützt.
Dr. med. Christian Jörgens
Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie
Interventionelle Kardiologie DGK
St.-Marien-Hospital, Abteilung Innere Medizin
Telefon 0228 505-2101
inneremedizin (at) marien-hospital-bonn.de
Der erste wichtige Meilenstein in der Entwicklung ICDs war 1980 die Implantation des ersten automatischen Defibrillators bei einem Patienten durch Dr. Michel Mirowski und seine Mitarbeiter im John-Hopkins-Hospital in Baltimore. Dieser Defibrillator war in der Lage eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung, Kammerflimmern, zu erkennen und durch einen Elektroschock zu beenden.
Die Implantation eines ICDs zählt heute in jeder größeren Klinik zu den Routineeingriffen und gehört zu den Maßnahmen mit einer niedrigen Komplikationsrate. Die Implantation eines ICDs ähnelt im Grundsatz der Herzschrittmacheroperation. Der Aufwand ist etwas größer und erfolgt in aller Regel in spezialisierten Kliniken.
Das menschliche Herz liegt hinter dem Brustbein im Brustkorb. Es handelt sich um einen so genannten Hohlmuskel, der das Blut durch die Gefäße pumpt. Somit ist das Herz für die Versorgung des gesamten Körpers mit Sauerstoff und Nährstoffen verantwortlich.
Das Herz wird in vier Abschnitte unterteilt: in einen rechten und linken Vorhof (Atrium) sowie eine rechte und linke Hauptkammer (Ventrikel). Rechte und linke Seite sind durch die Herzscheidewände getrennt. Das Blut kann in den Herzräumen nur in eine Richtung fließen, da zwischen den Vorhöfen und Kammern und sich an die Kammern anschließenden Gefäßen Herzklappen eingebaut sind, die wie Ventile arbeiten.
Bei jedem Herzschlag wird das Blut zunächst von den Vorhöfen in die Kammern gepumpt. Anschließend ziehen sich die Kammern zusammen und drücken das Blut in die Gefäße. So gelangt es schließlich von der rechten Herzseite in die Lunge und von der linken Herzseite in den Körper. Über 100.000 Mal pro Tag schlägt das Herz, um unseren Kreislauf in Gang zu halten.
Damit die Herzaktion reibungslos und gleichmäßig ablaufen kann, gibt es ein Steuerungszentrum: den Sinusknoten. Dieser ist der Taktgeber und liegt in der Wand des rechten Vorhofes. Regelmäßig gibt er schwache elektrische Impulse ab. Diese Impulse werden über eine Zwischenstation, den AV-Knoten an Leitungsfasern der Herzkammern weitergeleitet.
Dadurch erhält jede Muskelfaser der Hauptkammern beginnend im Bereich der Herzspitze den Befehl, sich zusammenzuziehen: Der Herzschlag, die Kontraktion erfolgt.
Das gesunde Herz schlägt sehr regelmäßig, in Ruhe ca. 50 bis 80 Mal pro Minute. Es kann aber bei erhöhtem Bedarf, wie körperlicher Anstrengung oder Aufregung, leicht über 100 Mal pro Minute schlagen. Auch für diese Anpassung ist der Sinusknoten verantwortlich: Durch Hormone und Nerven angeregt gibt er entsprechend häufiger Impulse ab.
Als Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) werden alle Formen einer anhaltenden Unregelmäßigkeit des Herzschlages bezeichnet. Eine deutliche Verlangsamung wird als Bradykardie, eine wesentliche Beschleunigung als Tachykardie bezeichnet. Verliert das Herz jede regelmäßige Kontraktion und „zittert“ nur noch, so spricht man von Kammerflimmern. Ursache für eine Herzrhythmusstörung kann eine Fehlfunktion des Sinusknoten als auch des Reizleitungssystems sein.
Herzrhythmusstörungen können völlig harmlos, aber auch lebensbedrohlich sein. Meist treten sie in Folge einer Herzerkrankung oder auch anderer Erkrankungen auf, die nicht primär das Herz betreffen.
Kammertachykardie
Eine Tachykardie ist eine anhaltend stark beschleunigte Herztätigkeit. Bei gesunden Menschen steigt unter körperlicher Belastung die Herztätigkeit (Herzfrequenz). Das ist normal und wird vom Sinusknoten gesteuert.
Gefährlich wird es, wenn das Herz über 170 bis 180 Mal pro Minute schlägt und der Ursprung des Impulses statt im Sinusknoten in den Herzkammern liegt. Bei der Kammertachykardie „kreist“ die elektrische Erregung in den Herzkammern. Steigt die Herzfrequenz auf über 250 Schläge pro Minute, so spricht man von Kammerflattern. Dieses kann schnell in Kammerflimmern übergehen.
Kammerflimmern
Beim Kammerflimmern ist die Erregung völlig chaotisch. Dies führt dazu, dass keine geordnete Herzaktion mehr zustande kommt. Das Blut wird nicht mehr weitergepumpt, die Betroffenen werden bewusstlos. Es besteht eine lebensbedrohliche Situation. Kammerflimmern führt in hohem Maße zu einem plötzlichen Herztod (PHT).
Häufigste Ursachen für Kammertachykardien und Kammerflimmern sind Herzdurchblutungsstörungen (koronare Herzerkrankung) bis zum Herzinfarkt und Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz). Etwa 120.000 Menschen sterben jährlich allein in Deutschland am plötzlichen Herztod (PHT). Wirkungsvoller Schutz bietet ein implantierbarer Defibrillator (ICD).
Welche Patienten profitieren von einem ICD?
In den oben genannten Fällen ist die Indikation für den Einsatz eines ICD-Gerätes angezeigt. Weitere Einsatzgebiete kann der behandelnde Arzt im Einzelfall festlegen. Der ICD gibt den betroffenen Patienten sowohl Sicherheit als auch das beruhigende Gefühl, dass im Bedarfsfall die lebensbedrohliche Situation gut überwunden wird.
Mit einem ICD-System werden Herzrhythmusstörungen überwacht und behandelt. Das gesamte System besteht aus zwei Teilen: dem ICD-Aggregat inklusive langlebiger Batterie und den Elektroden. Die Elektroden führen vom ICD direkt in das Herz.
Der ICD ist von einem Titangehäuse umgeben und etwa so groß wie eine Streichholzschachtel. Er arbeitet wie ein kleiner Computer. Rund um die Uhr nimmt er über die Elektroden die Signale von Ihrem eigenen Herzrhythmus auf. Dabei prüft er vor allem, ob der Rhythmus zu schnell oder auch zu langsam ist und ob das Herz regelmäßig oder unregelmäßig schlägt. Bei Bedarf werden über die Elektroden elektrische Impulse vom ICD an das Herz abgegeben, um den Rhythmus zu normalisieren.
Rhythmusstörungen kann der ICD in Form eines EKGs aufzeichnen. Diese Daten liefern dem Arzt wertvolle Informationen. Sie können mit Hilfe des Programmiergerätes abgerufen werden. So kann der Arzt den ICD individuell auf Sie einstellen. Die notwendige Energie für seine Funktionsweise bezieht der ICD aus einer speziellen Batterie, die je nach Beanspruchung und Modell zwischen 5 und 10 Jahre ausreicht.
Der ICD beobachtet die Rhythmusstörungen nicht nur, sondern er greift aktiv in das Geschehen ein. Um anhaltende und nicht zu schnelle Kammerrhythmusstörung möglichst sanft zu beenden, gibt der ICD zunächst kleine gezielte Schrittmacher-Impulse an das Herz ab. Sie beenden diese Tachykardie-Episoden in weit über 90% der Fälle und verhindert unnötige Schocks.
Die meisten Patienten nehmen diese schmerzfreien Impulse überhaupt nicht wahr. Erst wenn die Herzrhythmusstörung durch mehrfache sanfte Überstimulation nicht beendet werden konnte, gibt der ICD einen starken Stromstoß ab, den so genannten elektrischen Schock (Defibrillation). Dieser Stromstoss ist schmerzhaft, wenn er bei klarem Bewusstseinszustand stattfindet, allerdings befinden sich viele Patienten durch den vorübergehenden funktionellen Herz-Kreislauf-Stillstand bereits in einem narkoseähnlichen und damit nicht mehr schmerzempfindlichem Zustand, wenn der Stromstoss durch den ICD abgegeben wird. Dieser behebt zuverlässig den Herz-Kreislauf-Stillstand und bringt Ihr Herz wieder in den richtigen Takt.
Auch bei zu langsamer Herzfrequenz (Bradykardie) wird der ICD aktiv. In diesem Fall arbeitet er wie ein normaler Herzschrittmacher und lässt die Herzfrequenz nicht unter einen vom Arzt festgelegten Wert (Grundfrequenz) fallen.
Heute stehen spezielle ICD-Systeme für die unterschiedlichsten klinischen Anforderungen zur Verfügung. So gibt es Einkammergeräte mit einer Elektrode in der Herzkammer und Zweikammergeräte mit einer Elektrode in der Herzkammer und einer zusätzlichen Elektrode im Herzvorhof.
Der ICD wird üblicherweise unter der Haut (subkutan) oder unter den Brustmuskel (subpectoral) eingesetzt. Dieser Eingriff kann unter örtlicher Betäubung oder in Vollnarkose erfolgen. Die Verbindung zum Herzen wird durch Elektroden hergestellt. Diese werden während der Operation durch die Vene bis in das rechte Herzinnere vorgeschoben und dort platziert. Sind die Elektroden an das Aggregat angeschlossen, werden die verschiedenen Funktionen des Gerätes getestet. Anschließend wird das Gerät den individuellen Bedürfnissen des Patienten angepasst und programmiert. Die meisten Patienten können bereits Stunden nach dem Eingriff wieder aufstehen.
Der ICD zeigt eine Erschöpfung der Batterie frühzeitig an. Da die Batterie fester Bestandteil des ICD-Gehäuses ist, wird in einer kleinen Operation das gesamte Gerät ausgetauscht. Der Arzt setzt dann einen Hautschnitt über der alten Narbe und entfernt das Gerät. Nach Überprüfung der Elektroden wird der neue ICD angeschlossen, getestet und in die vorhandene Hauttasche eingesetzt. Nur in Ausnahmefällen müssen auch die Elektroden ausgewechselt werden.
Termine für die Nachsorgeuntersuchungen werden individuell abgesprochen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Bei dem Kontrolltermin wird der ICD auf seinen technisch einwandfreien Zustand hin überprüft. Außerdem stellt der Arzt den ICD so ein, dass die Programmierung auf Ihre Bedürfnisse optimal abgestimmt ist. Die regelmäßigen Intervalle für eine Nachsorge liegen meist bei 3-6 Monaten, mit Ausnahme des ersten Kontrolltermins; dieser kann 4-6 Wochen nach der Implantation stattfinden. Außerdem überprüfen sich die modernen Geräte täglich automatisch und übermitteln dem Arzt bei der Abfrage wertvolle Informationen.
Nachdem Sie das Krankenhaus verlassen haben, werden Sie ein wenig Zeit benötigen, um sich an den ICD zu gewöhnen. Nehmen Sie sich diese Zeit. Der ICD bedeutet für Sie die Chance, wieder aktiv am Leben teilnehmen zu können. Er ist dazu da, die auftretende Herzrhythmusstörung sicher zu erkennen und umgehend zu behandeln. Somit gibt er Ihnen Sicherheit und Sie profitieren durch eine Verbesserung Ihrer Lebensqualität.
In der ersten Zeit nach Implantation des ICD sind Veränderungen an der Implantationsstelle wie Rötung, Schwellung oder ein Nässen umgehend Ihrem Arzt mitzuteilen. In der Anfangszeit sind auch das Heben schwerer Gegenstände und weit ausladende Armbewegungen nicht ratsam.
Ist die Wundheilung abgeschlossen, steht neuen Aktivitäten nichts mehr im Wege. Sofern Ihr Arzt keine Einwände hat, können Sie an allem, was Ihnen Spaß und Freude bereitet, wieder teilnehmen. In allen Bereichen des täglichen Lebens, wie zum Beispiel im häuslichen Umfeld, am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder im Urlaub können Sie in der Regel wieder wie gewohnt aktiv werden. Ggf. sind individuelle Einschränkungen durch die Herzgrunderkrankung mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.
Der ICD nimmt den Herzrhythmus als elektrisches Signal wahr. Aufgrund dieser Tatsache ist es nicht möglich, den ICD gegen Umgebungseinflüsse vollständig abzuschirmen, ohne zu riskieren, dass das natürliche Herzsignal nicht mehr wahrgenommen wird. Es kann also in einzelnen Fällen zu einer Beeinflussung des ICD durch elektromagnetische Felder kommen.
Alle Tätigkeiten mit Haushaltsgeräten sind ohne Bedenken möglich. Dennoch sollten Sie aus Sicherheitsgründen bei einigen Geräten einen Mindestabstand einhalten. Dieses sind in der Regel Geräte mit einem starken Elektromotor.
Ihre täglichen Einkäufe können Sie wieder unbesorgt erledigen. Diebstahlsicherungsanlagen, wie sie an Ein- und Ausgängen von Warenhäusern anzutreffen sind, stören den ICD in aller Regel nicht. Sicherheitshalber sollten Sie diesen Bereich jedoch zügig durchqueren und nicht stehen bleiben.
Auch Handys können benutzt werden. Aus Sicherheitsgründen wird jedoch ein Abstand von 15 cm zwischen Handy und ICD empfohlen. Tragen Sie deshalb Ihr Handy nicht in der Brusttasche direkt über dem ICD und telefonieren Sie mit dem zum ICD abgewandten Ohr.
Ihren Hobbys können Sie wieder nach Lust und Laune nachgehen. Ihre Freizeit können Sie wieder sorgenfrei planen. Gartenarbeit, Wandern oder andere Hobbys sind für Sie wieder in dem Ausmaß wie vor der Operation möglich. Nach der Heilungsphase können Sie wieder sportlich aktiv sein. Vermeiden Sie dabei aber Aktivitäten, bei denen ein Schlag auf die Brust möglich ist. Bei besonders belastenden oder Sie eventuell gefährdenden Sportarten, sollten Sie vorher Ihren
Arzt fragen.
Auf Flughäfen empfehlen wir Ihnen, dem Sicherheitspersonal direkt Ihren Geräte-Ausweis zu zeigen, da Ihr Implantat einen Alarm der Sicherheitsanlage auslösen kann. Die Sicherheitskräfte sind im Umgang mit Patienten, die ein Implantat tragen, geschult. Sie werden dann von Hand abgetastet und können anschließend Ihren Flug unbedenklich genießen.
Beachten Sie vorhandene Warnhinweise und Warnschilder, so dass Sie sich von potentiellen Störquellen fernhalten. Dies sind z. B.:
Autofahren ist vom Gesundheitszustand des Patienten abhängig. Die Arbeitsgruppe des deutschen Fachverbandes hat Fahrempfehlungen für Patienten mit einem implantierbaren Cardioverter-Defibrillator veröffentlicht. Danach kann ein Patient mit einem ICD – nach Rücksprache mit seinem Arzt – dann wieder Auto fahren, wenn der ICD prophylaktisch eingesetzt wurde oder ein niedriges oder mittleres Risiko für Bewusstlosigkeiten besteht und innerhalb von 6 Monaten nach der Operation keine Symptome mehr aufgetreten sind. Diese Empfehlungen gelten ausschließlich für Patienten mit einem ICD.
Sollten Sie sich einer Operation unterziehen müssen, informieren Sie Ihren Arzt, dass Sie Träger eines ICD sind. Verschiedene medizinische Verfahren können die Funktion des ICD beeinflussen. So dürfen ionisierende Strahlen zu Therapiezwecken, die Mikrowellen-Diathermie und die Lithotripsie nicht direkt über der Implantationsstelle angewendet werden.
Ebenso kann Elektrokautern die Funktion des ICD beeinträchtigen. Diagnostikverfahren wie Röntgen, die Computertomographie und die Sonographie sind ohne weiteres durchführbar. Eine Kernspintomographie ist derzeit bei ICD-Trägern nicht möglich. Bitte halten Sie vor derartigen Untersuchungen unbedingt Rücksprache mit ihrem Arzt. Die Behandlung in einer Zahnarztpraxis ist in der Regel unbedenklich, mit Ausnahme des Elektrokauterns bei Zahn- oder kieferchirurgischen Eingriffen. Bitte besprechen Sie mit dem Arzt alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen.
Der ICD überwacht laufend Ihre Herztätigkeit. Beherzigen Sie die Empfehlungen Ihres Arztes. Folgende Aspekte sind besonders wichtig: