Persistierendes Foramen ovale (PFO) und Vorhofseptumaneurysma

Risikofaktoren für einen Schlaganfall

Das sogenannte persistierende Foramen ovale  (PFO) ist eine angeborene Verbindung zwischen dem rechten und linken Vorhof des Herzens. Das PFO ist bei dem Embryo notwendig, um das sauerstoffreiche Blut unter Umgehung der noch nicht funktionsfähigen Lunge, in den linken Vorhof und dann in den Körperkreislauf zu leiten. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um ein einfaches Loch zwischen der rechten und linken Vorkammer. Das PFO ist vielmehr ein Schlitz zwischen zwei Membranen (Septen).

Bei ca. 75% aller Menschen schließt sich diese Verbindung unmittelbar nach der Geburt. Bei den übrigen ca. 25% der Menschen bleibt sie offen. In diesem Fall kann das Blut aus dem rechten Vorhof unter Umgehung des Lungenkreislaufs in den linken Vorhof gelangen.



Informationen & Kontakt

Prof. Dr. med. Heyder Omran
Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Interventionelle Kardiologie/DGK, Hypertensiologie DHL

St.-Marien-Hospital, Abteilung Innere Medizin
Telefon 0228 505-2101
inneremedizin (at) marien-hospital-bonn.de

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Wie häufig kommt ein PFO vor?

Persistierende Foramen ovale (PFO): angeborene Verbindung zwischen rechtem und linkem Vorhof des Herzens

Die Häufigkeit eines PFOs variiert mit dem Alter und dem untersuchten Patientenkollektiv. Bei einer Autopsie-Untersuchung von 965 so genannten herzgesunden Patienten fand man ein PFO in 27% der Fälle. Es bestand kein Unterschied zwischen Männern und Frauen.

Mit zunehmendem Alter nahm die Häufigkeit eines PFOs ab, allerdings wurden die PFOs größer (6 mm Durchmesser bei Patienten > 80 Jahre).

Was ist ein Vorhofseptumaneurysma?

Das PFO kann mit anderen angeborenen Veränderungen des Herzens einhergehen. Neben einem PFO kann noch eine Vorwölbung bzw. Aussackung der Scheidewand (Vorhofseptumaneurysma) zwischen rechtem und linkem Vorhof bestehen.

Die Häufigkeit eines Vorhofseptumaneurysmas hängt vom untersuchten Patientenkollektiv ab. In unselektionierten  Patientengruppen liegt die Häufigkeit zwischen 1 und 5%.  Bei Patienten mit Schlaganfall beträgt die Häufigkeit 8 bis 15%. Sehr wichtig ist, dass die Häufigkeit eines Vorhofseptumaneurysma bei Patienten mit PFO deutlich höher ist (19%).

Welche Bedeutung hat ein PFO?

In den meisten Fällen bleibt ein PFO ohne jede Folge. Allerdings wissen wir aus vielen wissenschaftlichen Untersuchungen, dass  bei ungeklärten Schlaganfällen (kryptogener Schlaganfall) überproportional häufig ein PFO vorkommt. Schlaganfälle bleiben in bis zu 40% der Fälle ungeklärt. Die meisten dieser Schlaganfälle sind auf Embolien zurückzuführen. Ferner weiß man, dass die PFOs bei Patienten mit Schlaganfall deutlich größer sind als die bei Patienten ohne Schlaganfall. Damit ein PFO zu Schlaganfällen führen kann, muss der Druck in der rechten Vorkammer zumindest zwischenzeitlich größer als in der linken Vorkammer sein, um so einen Blutstrom von der rechten in die linke Vorkammer zu ermöglichen. Auch hier konnten Studien zeigen, dass Patienten mit kryptogenem Schlaganfall in 84% einen spontanen Blutstrom zwischen dem rechten und linken Vorhof haben.

Desweiteren ist eine Migräne häufig mit einem PFO mit begleitendem Blutstrom zwischen rechter und linker Vorkammer assoziiert, also alsbald der Druck in der rechten denjenigen in der linken Vorkammer übersteigt.

Bei Tauchern kann ein PFO über eine Embolie aus einer Luftblase zu einer Dekompressionerkrankung führen. Sehr seltene andere Manifestationen eines PFOs können ein akuter Herzinfarkt, eine systemische Embolie und Fettembolien sein.

Wie wird ein PFO festgestellt?

Transösophageale Echokardiographie (Ultraschall über die Speiseröhre)

Ein PFO kann ohne besonderen Aufwand mit Hilfe von Ultraschall diagnostiziert werden. Die wichtigste Methode ist die transösophageale Echokardiographie.

Eine Verbindung zwischen rechter und linker Vorkammer kann auch mit Hilfe des transkraniellen Dopplers dokumentiert werden. Eine genaue morphologische Untersuchung des PFOs ist allerdings nur mit der transösophagealen Echokardiographie möglich. Ein weiterer Vorteil der transösophagealen Echokardiographie ist, dass man mit dieser Methode auch noch weitere kardiogene Emboliequellen (Blutgerinnsel im Herzen, Veränderungen der Hauptschlagader u. v. m.) ausschließen kann. Die Durchführung einer transösophagealen Echokardiographie ist bei allen Patienten mit kryptogenem Schlaganfall sinnvoll.

Wie kann man ein PFO behandeln?

Bei Patienten mit einem Schlaganfall gibt es bei zusätzlich bestehendem PFO mit oder ohne Vorhofseptumaneurysma  prinzipiell sowohl medikamentöse als auch interventionelle Therapieoptionen (Sekundärprävention). Die Wahl des Vorgehens sollte daher immer individuell abgestimmt werden.

Medikamentöse Therapie

Eine Antikoagulation (Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten) nach Schlaganfall bei PFO ist heute Standard. Daher ist der natürliche Verlauf von solchen Patienten ohne medikamentöse Therapie nicht bekannt. Üblicherweise wird Acetylsalicylsäure (ASS) verabreicht. Eine französische Studie konnte zeigen, dass bei Patienten mit PFO eine Gabe von ASS die Häufigkeit einer Embolie nahezu halbiert. Ob eine stärkere Antikoagulation (z. B. mit Marcumar) bei Patienten mit isoliertem PFO sinnvoll ist, ist nicht bekannt. Die PICSS Studie (2003) konnte keinen Unterschied zwischen ASS und Warfarin (ähnliche Wirkung wie das in Deutschland gebräuchliche Marcumar) finden. Wichtig ist, dass Patienten mit PFO und Vorhofseptumaneurysma ein sehr hohes Embolierisiko haben. In der o. g. französischen Studie hatten 15,2% dieser Patienten trotz ASS Gabe einen erneuten Schlaganfall. Daher erhalten Patienten mit PFO und Vorhofseptumaneurysma häufig eine stärkere Antikoagulation mittels Marcumar.

Interventioneller oder operativer Verschluß eines PFOs

Ein Verschluss des PFOs kann prinzipiell operativ (mit Schnitt und Eröffnung des Brustkorbs) oder interventionell, d. h. ohne Narbe mit Hilfe eines Herzkatheters, erfolgen. Kürzlich konnte in einer großen nordamerikanischen Studie gezeigt werden, dass im Vergleich zur medikamentösen Therapie der interventionelle Verschluß des PFOs zu einer Reduktion von Schlaganfällen führt. Ein interventioneller Verschluss ist bei Patienten mit erneuten Ereignissen unter medikamentöser Therapie, bei Patienten, die Medikamente nicht vertragen und bei Hochrisikopatienten sinnvoll.

Chirurgie

Der Vorteil eines chirurgischen Verschlusses eines PFOs ist nicht erwiesen. In einer Beobachtung von 91 Patienten mit chirurgischen Verschluss des PFOs hatten 17% der Patienten nach vier Jahren wieder Ereignisse. Insbesondere ältere Patienten scheinen ein erhöhtes Rezidivrisiko (= Risiko, einen erneuten Schlaganfall zu erleiden) zu haben.

Interventioneller perkutaner Verschluss des PFOs

Seit mehr als 20 Jahren stehen Geräte zum interventionellen Verschluss des PFOs zur Verfügung. Diesen Geräten ist gemeinsam, dass diese über einen Herzkatheter eingeführt werden und dann das PFO mit einem Schirm verschlossen wird.

Ein PFO Verschluss mittels dieser Geräte kann in kurzer Zeit ohne relevante Strahlenbelastung sehr erfolgreich und mit einer sehr geringen Komplikationsrate durchgeführt werden. In mehreren Studien wurde der Frage nachgegangen, ob der interventionelle bzw. perkutane Verschluss eines PFOs besser als die medikamentöse Therapie ist.

2003 wurde eine große Übersichtsarbeit zu diesem Thema publiziert. Dabei wurden die Ergebnisse von 1355 Patienten, die interventionell behandelt wurden, mit den Ergebnissen von 895 medikamentös behandelten Patienten verglichen. Die Rate neurologischer Ereignisse lag bei 0-4,9% bei den interventionell behandelten Patienten und bei 3,8-12,0 % bei den medikamentös behandelten Patienten. Größere Komplikationen traten bei interventionellen Verschluss in ca. 1,5% der Fälle auf. Im weiteren Verlauf wurden noch mehrere Studien zu diesem Thema veröffentlicht. Alle Studien zeigten eine geringere Embolierate des interventionellem Verschlusses. Andere Studien konnten keinen relevanten Unterschied zwischen verschiedener interventionellen Geräte darstellen. Entscheidend ist ein möglichst vollständiger Verschluss des PFOs.

Empfehlungen zum interventionellen Verschluss des PFOs

Da bislang noch keine abschließenden Vergleiche zwischen medikamentöser und interventioneller Therapie des PFOs vorliegen, muss die Indikation zum PFO Verschluss immer individuell abgestimmt werden. Die Fachgesellschaften empfehlen einen interventionellen PFO Verschluss, wenn erneute embolische Ereignisse unter medikamentöser Therapie aufgetreten sind oder Hochrisikomerkmale vorliegen. Ein interventioneller Verschluss kann auch bei Unverträglichkeit von Medikamenten sinnvoll sein. Eine gründliche Untersuchung des PFOs und der Vorhofanatomie sind in jedem Fall wichtig, um festzustellen, ob ein interventioneller Verschluss prinzipiell möglich ist.

Empfehlung zur Vorbereitung eines PFO-Verschlusses

Sie werden in aller Regel stationär aufgenommen. Falls nicht vom behandelnden Arzt erfolgt, wird die Indikation zum PFO-Verschluss überprüft.

Folgende technische Untersuchungen werden gefordert:

  • vollständiges Labor inkl. Gerinnungsstatus
  • EKG (Ausschluss von Vorhofflimmern)
  • Transthorakale Echokardiographie und transoesophageale Echokardiographie
  • Röntgen-Bild des Brustkorbs

Auf eine erneute transoesophageale Echocardiographie kann dann verzichtet werden, wenn eine adäquate Video- oder CD-Dokumentation vorliegt und das PFO eindeutig beurteilt werden kann.

Sie werden vor dem PFO Verschluss über das Vorgehen und den Eingriff schriftlich aufgeklärt. Prinzipiell kann der Eingriff in örtlicher Betäubung und Sedierung durchgeführt werden. Schmerzen haben Sie während der Untersuchung nicht. Gelegentlich ist eine Kurznarkose sinnvoll, daher werden Sie auch dem Anästhesisten vorgestellt. Dies sollte in der Regel am Vortag der Untersuchung geschehen.

Umgang mit Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmern

Eine orale Antikoagulation (z. B. Einnahme von Marcumar) soll 5-7 Tage vor dem Verschluss unterbrochen werden, so dass der INR-Wert zum Zeitpunkt des Eingriffs unter 1,5 liegt. Mindestens 24 Stunden zuvor sollte Acetylsalicylsäure 100 mg – sofern nicht kontraindiziert – verabreicht werden. Ferner sollten Sie mit Clopidogrel, 300 mg, behandelt werden, einem Medikament, das die Aktivität der Blutplättchen hemmt. Falls der Patient schon dauerhaft Clopidogrel einnimmt, reichen 75 mg pro Tag. Am Tag des PFO Verschluss sollen statt Aspirin 100 mg, 300 mg Aspirin verabreicht werden. 75 mg Clopidogrel werden ebenfalls eingenommen. Unmittelbar vor dem Eingriff sollten Sie zur Endokarditisprophylaxe ein Antibiotikum (Aminopenicillin) intravenös bekommen, um einer Infektion des Gewebes im Umfeld des Gerätes zusätzlich vorzubeugen.

Während des gesamten Verfahrens wird der Patient vollständig antikoaguliert. Dazu wird in der Regel Heparin verwendet. Bitte teilen Sie dem behandelndem Arzt mit, wenn Sie kein Heparin vertragen. Die Gerinnung des Blutes ist daher für mindestens 2-4 Stunden nach dem Eingriff deutlich verzögert.

Nach dem PFO Verschluss sollten Sie mindestens 3 Monate lang kombiniert Acetylsalicylsäure und Clopidogrel erhalten. Ferner soll bis zur vollständigen Einheilung des Gerätes über 6 Monate eine Endokarditisprophylaxe betrieben werden.

Verlaufsbeobachtung

Nach dem Eingriff werden die Vitalparameter wie Puls, Blutdruck und Temperatur, überwacht. Am Folgetag ist eine Röntgen-Thorax-Untersuchung und eine Laboruntersuchung vorzunehmen. Ferner sollte eine transthorakale Echocardiographie zur Bestimmung der Lokalisation des Gerätes und zum Ausschluss eines Perikardergusses erfolgen.

Langfristige Verlaufskontrollen

Empfohlen werden EKG und Röntgenuntersuchungen sowie eine transoesophageale Echocardiographie nach 3 Monaten, um Auflagerungen auf dem Gerät auszuschließen, bevor die Therapie mit Blutplättchenhemmern abgesetzt wird.

Vorsichtsmaßnahmen und Kontraindikationen

Ein PFO-Verschlusssystem ist immer dann nicht indiziert, wenn der Schlaganfall des Patienten auf eine erkennbare Ursache zurückgeführt werden kann, z. B. auf einen intrakardialen Thrombus, eine künstliche Herzklappe etc. Vorsicht gilt auch bei Patienten mit bestehender Entzündung der Arterien. Bei aktiver Infektion oder Bakteriämie kann das Gerät nicht implantiert werden. Vorbekannte, unkontrollierbare Allergien gegen Kontrastmittel, Iridium, Nickel, Nitinol, Platin oder Edelstahl verbieten ebenfalls den Eingriff. Ein PFO Verschluss ist immer dann kontraindiziert, wenn der Patient keine blutplättchenhemmende Medikation einnehmen kann. Technische Probleme können dann auftreten, wenn früher schon einmal ein PFO-Verschluss durchgeführt worden ist, ein sehr großes Septumaneurysma (>2 cm) vorliegt oder der Patient mehrere Septumdefekte hat. Bei Patienten mit frischer Schrittmacher- oder Defibrillatorsystem-Implantation (<3 Monate) ist die Implantation eines PFO-Verschlusssystems nicht indiziert.

Allgemeine Empfehlungen für Patienten mit PFO oder Vorhofseptumdefekt

Unabhängig von der Art der Behandlung des PFOs sollten sich alle Patienten versuchen so zu verhalten, dass das Risiko durch ein PFO Embolie zu erleiden, möglichst gering gehalten wird. Die Patienten sollten Bewegungen vermeiden, die einen Blutfluß zwischen rechten und linken Vorhof auslösen bzw. verstärken. Starkes Pressen beim Stuhlgang, Heben schwerer Gegenstände und sehr kräftiges Husten sollte vermieden werden. Da die Embolien häufig durch Thrombosen in den tiefen Beinvenen verursacht werden, sollte eine Verlangsamung des Blutflusses in den Beinvenen vermieden werden. Die Patienten sollten im Sitzen nicht die Beine kreuzen und nicht lange auf einer Stelle stehen. Bei längerer Immobilisation oder auch Bettlägerigkeit ist eine Thromboseprophylaxe sinnvoll. Generell sollte geklärt werden, ob schon früher eine Thrombose aufgetreten ist.